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Atenao, langjähriger Partner des The Watches Magazine

Die Schweizer Uhrenindustrie verlangt nach präzisen Übersetzungen. Seit 2010 wird The Watches Magazine von Atenao ins Englische, Deutsche, Spanische, Chinesische und Italienische übersetzt. Diese hochwertige Ausgabe, die ausgefeilten redaktionellen Inhalt mit Aufnahmen von atemberaubender Ästhetik verbindet, stellt jedes Quartal die prestigeträchtigsten Marken in den Vordergrund. Von Patek-Philippe über Rolex, Omega und Audemars Piguet bis hin zu Chopard: Die Hüter der Zeit stellen im The Watches Magazine ihre neuesten Kreationen vor, die als Meisterwerke ihres unvergleichlichen Savoir-faire gelten. Atenao hebt hervor, dass das Magazin in jeder der Sprachen verfasst (und nicht übersetzt) wurde, damit nichts von den ursprünglichen Nuancen der Texte verloren geht.

In der Uhrenindustrie beginnt alles mit einem Uhrwerk

Als Alain Carrier, Schöpfer des Magazins MOVMENT1, uns im März 2010 darum bat, die englischen, italienischen, deutschen und spanischen Übersetzungen seiner Kreation anzufertigen, ahnten wir noch nicht, dass wir auch an den nächsten 50 Magazinen arbeiten würden. Atenao besteht seit 2001 und die Übernahme des MOVMENT-Projekts fand zu einer Zeit statt, als das Übersetzungsbüro gerade begann, sich fest unter den Sprachdienstleistern zu etablieren. Diese Zusammenarbeit spiegelt in gewisser Weise Atenaos Erfahrung mit technischen Übersetzungen und insbesondere mit Übersetzungen in der  Uhrenbranche wider.

Die Welt der mehrsprachigen Dienstleistungen befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Die Übersetzungsbüros, die die Krise im April 2000 überlebten, sind auf Digitales umgestiegen (die berühmten Click‘n Mortar der Jahrtausendwende, im Vergleich zu Brick and Mortar), die Pure Player positionieren sich durch die Entwicklung eines hyperaggressiven Wettbewerbs mithilfe sehr umfangreicher Kataloge.

Die Bestellmenge steigt im Zuge der Globalisierung von Jahr zu Jahr. Die Qualität der Übersetzungen nimmt angesichts von Preissenkungen und Budgetkürzungen tendenziell ab. Künstliche Intelligenz und Post-Editing gibt es noch nicht und die Tools für maschinelle Übersetzung sind an Mittelmäßigkeit kaum zu überbieten. Es ist eine gesegnete Zeit, in der nicht unbedingt alles gut läuft, man aber trotzdem etwas unternehmen kann und alles vorangeht, wenn man nur genug Lust, Willen und Know-how einsetzt.

Die Welt des Verlagswesens befindet sich durch den Boom der digitalen Presse in einem grundlegenden Wandel. Eine digitale Version von TWM stand sogar im Raum und wurde mehrmals angesprochen, dann aber aufgeschoben. Die Möglichkeit, dank einer digitalen Version weltweit präsent zu sein, ist natürlich verlockend. Sich auf das Digitale zu konzentrieren, was damals bei der Gratispresse sehr beliebt war, bedeutet jedoch in gewisser Weise, ein Produkt und Marken zu demokratisieren, die nicht demokratisiert werden können. Das heißt, man würde eine riesige Leserschaft ansprechen, vor allem aber die Zielgruppe verfehlen. Dies ist schlichtweg ein strategischer Fehler, der zu vermeiden ist.

2010 – 2020 : Auf dem Weg zur Reife

Anfang der 2010er Jahre schrieb Eric Othenin-Girard2 die Leitartikel und staunte über die Schweizer Uhrenindustrie, die so erfolgreich war, bedauerte aber: „Diese Akteure, die Wind verkaufen (gemeint sind Artikel, die nur aus den billigsten Komponenten bestehen), die, um sich an die Nachfrage der Schwellenmärkte, insbesondere Chinas, anzupassen, der helvetischen Uhrmachertradition von guter Qualität und Machart viel Schaden zugefügt haben“.

 

Die Luxusuhren-Industrie befindet sich in einer intensiven Phase des Wandels. Das Jahrzehnt 2010-2020 ist auch das Jahrzehnt der Smartphones, Tablets und Smart Watches, welche die neuen Generationen begeistern und die Uhrenindustrie, die ebenso prächtig wie rigide ist, alt wirken lassen. Mehr denn je verliert die Schweizer Uhr ihre Gebrauchsfunktion und wird zum Schmuckstück. Dennoch bricht die Schweizer Uhrenindustrie wirtschaftlich gesehen alle Rekorde. Für die Papierausgabe hingegen werden die Dinge immer komplizierter. Die Presse wird zunehmend auf Smartphones und Tablets konsultiert, der Anteil der Ausgaben für Online-Werbung steigt. TWM befindet sich in einer Übergangsphase.

Genauso wie sich das Magazin mit neuen Redakteuren weiterentwickelt, verändert sich auch die Übersetzung der Artikel. Wir variieren die Teams und holen neue Korrekturleser mit ins Boot. Die Übersetzung der Texte in die Muttersprache und das Korrekturlesen werden weiterhin gänzlich vom Menschen übernommen, jedoch werden nun Tools für die computergestützte Übersetzung systematisch eingesetzt. Translation Memorys (TMs) und Glossare gewinnen mit jeder neuen Zeitschrift an Gewicht. Die Wahl der richtigen Terminologie tritt in den Mittelpunkt und die Idee, bestimmte Passagen in Leitartikeln oder Kolumnen neu zu schreiben, um sie besser an die Leserschaft im jeweiligen Land anzupassen, beginnt sich durchzusetzen. Man kann bereits den Beginn der Transkreation erahnen, die sich 10 Jahre später bei Übersetzungen von Zeitungsartikeln generell durchsetzen sollte.

Die Unsicherheit in der “covidianischen” Zeit

Da die großen Uhrenmessen (Baselworld, Watches&Wonders Geneva) nur eingeschränkt stattfinden konnten und dann ganz abgesagt wurden, brachen die Zahlen der Branche ein. Die Marken waren jedoch sehr vorsichtig und reduzierten ihre Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie in Werbung auf ein Minimum. Es sind schwierige Zeiten für alle: für die Marken, die einen Umsatzrückgang verzeichnen, und, als Dominoeffekt, für diejenigen, die mit ihnen arbeiten, darunter TWM und damit auch Atenao. Eine insgesamt traurige Stimmung, die sich in weniger Artikeln in den damaligen TWM niederschlug, wenn auch die Seitenzahlen unverändert blieben.

Innerhalb von zwanzig Jahren haben sich die mehrsprachigen Dienstleistungen stark weiterentwickelt und im Jahr 2023 wird die professionelle Übersetzung in vier große Kategorien unterteilt:

  • Post-Editing, bei dem ein professioneller Übersetzer eine maschinell erstellte Übersetzung auf Terminologie und Syntax überprüft und korrigiert. Seien wir ehrlich, diese Art von Übersetzung hat nichts in einer Zeitschrift zu suchen.
  • 100 % menschliche Übersetzung, bei der die Übersetzung in die Muttersprache von einem professionellen Übersetzer angefertigt wird, ohne dass vorher eine maschinelle Übersetzung erstellt wurde. Dies ist die am häufigsten verwendete Methode.
  • Bei der Übersetzung nach ISO 17100 wird die menschliche Übersetzung durch einen Linguisten und einen oder mehrere zusätzliche Übersetzer überprüft und terminologisch angepasst.
  • Und schließlich die Transkreation, die auch als Adaption bezeichnet wird und die für die Übersetzung das ist, was die Schweiz für die Uhrenbranche ist. Sie entspricht dem Neuschreiben und/oder der stilistischen Anreicherung einer menschlichen Übersetzung und zielt darauf ab, eine positive Reaktion der Leserschaft zu erzeugen.

Das „covidianische“ Zeitalter – denn, machen wir uns nichts vor, eines Tages wird man von einem „präcovidianischen“ Zeitalter sprechen, so wie es das präkolumbianische Zeitalter gibt (diese Epochen markieren entscheidende Wendepunkte in den Zivilisationen, in erster Linie in der westlichen Zivilisation) – geht zusammen mit der Woke-Kultur und der Infragestellung der Gender-Idee auch in der Uhrenindustrie einher. Wie ich in einem Leitartikel in der Zeitschrift Business Montres gelesen habe, laufen die Schweizer Uhrenhersteller, wenn sie ihre Uhren zu sehr „gendern“, ganz einfach Gefahr, ihre besten und strategischsten Kunden, nämlich jene der jüngeren Generation, zu langweilen.

Die Woke-Kultur ist auch die Kultur der Dekonstruktion, der Glättung, der politischen Korrektheit, die zu einigen Diskrepanzen in der redaktionellen Übersetzung führt. Ein Leitartikel ist eine Offenbarung der Gedanken, er verpflichtet den Autor mehr als ein normaler Artikel. Leitartikler sind anspruchsvoll und akzeptieren eine Verzerrung ihrer Aussagen nicht oder nur sehr ungern. Und wenn Sie einer Redakteurin vom Temperament Sharmila Bertins3, übrigens eine Absolventin der ISIT-Übersetzungsschule, Rechenschaft ablegen müssen, wissen Sie, dass Fehler nicht erlaubt sind und äußerste Genauigkeit geboten ist.

Wir haben beim Leitartikel von TWM immer besonders darauf geachtet, dass er „perfekt“ ist. Adaption und Transkreation bringen jedoch auch eine Menge Eigenheiten mit sich, die die Autoren der Artikel manchmal ärgern. „Ich erinnere mich“, erzählt Bertrand Daudey4, „an einen Streit im Jahr 2020 über einen Kommentar unserer chinesischen Übersetzerin zu einem Beitrag von Sharmila Bertin, den sie als zu aggressiv für die chinesische Leserschaft einschätzte und deutlich abgeschwächt hatte, um ihn besser lokalisieren zu können. Darin war bereits vom „Geschlecht“ der Uhren die Rede. Unsere Übersetzerin verwies auf die kulturelle Kluft zwischen dem Westen und China in Bezug auf die Geschlechterfrage und betonte, dass die Chinesen eher schüchtern seien und ihre Gefühle nicht zeigen würden. Leser, die der chinesischen Oberschicht angehören (zumindest in ihrer Vorstellung), hätten sich vielleicht an Sharmilas rauem Stil gestört und sich von der Zeitschrift abgewandt. Man muss wissen, dass Geduld in China eine Lebenskunst ist und dass die Chinesen Unannehmlichkeiten mit Mut und Weisheit ertragen, um das Herz zu stärken, den Geist zu reinigen und sich spiritueller Erleuchtung anzunähern. Die Abwesenheit von Aggression gehört also zur DNA des chinesischen Geistes. Unsere Übersetzerin hatte Sharmilas selbstbewussten Feminismus in gewisser Weise in ein sanftes Lob der weiblichen Zerbrechlichkeit und der Romantik verwandelt. Das hatte ihr natürlich den Zorn der TWM-Redakteurin eingebracht.“

Also Majestätsbeleidigung oder regelrecht Verrat am Verfasser durch seinen Übersetzer, der sich viele Freiheiten erlaubt, auf die Gefahr hin, eigene Worte und sogar Gedanken in den Leitartikel einfließen zu lassen, die ursprünglich überhaupt nicht vorkommen. So verlor also die Übersetzung ihren ursprünglich ausdrucksstarken Ton, also das, was ihre Stärke ausmachte. Die chinesische Übersetzung gewann an Konsensfähigkeit, verlor aber an Präzision und Wirkung.

Richtung 2030

Das Jahrzehnt beginnt für die Uhrenindustrie mit einem Schock: dem Ende der Baselworld und damit dem Ende eines Sinnbilds. Seit 1917 hat die Vorzeigemesse die Welt der Uhren, des Schmucks und der Edelsteine zum Leben erweckt. Jedes Jahr begrüßte diese Veranstaltung sämtliche Akteure der Uhrenbranche aus der ganzen Welt: Hersteller, Käufer, Händler, Sammler, Medien und Enthusiasten. BASELWORLD beherbergte bis zu 1.500 Aussteller aus 40 Nationen auf 140.000 Quadratmetern und über 150.000 Besucher. Das war 2015, vor dem Drama. Die letzte Messe im Jahr 2019 markierte das Ende der Zeiten, könnte man sagen.

Aber das Abenteuer zwischen Atenao und TWM geht weiter. In 13 Jahren ununterbrochener und erfolgreicher Zusammenarbeit (Ace Publishing SA, der Herausgeber von TWM, gehört zu den Top 5 der langjährigen Kunden von Atenao) lebt man am Ende immer ein wenig zusammen. Wir kommen zwar von unterschiedlichen Planeten, jedoch gibt es zwischen Atenao und TWM eine Art Paarbeziehung, unser Austausch mit Sharmila Bertin und Alain Carrier war anfangs von geschäftlicher Natur und hat sich dann zu einer Form der Komplizenschaft und des gegenseitigen Vertrauens entwickelt… gewissermaßen ein Automatismus, ja sogar eine Aufwärtsspirale.

Wir haben die Zusammenarbeit mit TWM mit Ausgabe 21 begonnen und arbeiten derzeit an der Übersetzung von Ausgabe 72. 51 Magazine mit jeweils um die 100 Seiten, in 6 Sprachen übersetzt, das bedeutet fast 30.000 übersetzte Seiten. Man könnte direkt sagen, die Luxusuhren-Industrie birgt für uns keine Geheimnisse mehr.

 

Dank TWM konnte Atenao im Laufe der Jahre sein Fachwissen erweitern und die Übersetzungen für die Uhrenbranche nutzen, um seine Aktivitäten für die Luxussparte auszubauen. Durch die Betreuung der Übersetzungs-, Dolmetsch-, audiovisuellen und mehrsprachigen Web-Anforderungen renommierter Marken wie Chopard & Cie, Mondaine Watch Ltd, Luminox, Corum, Breva Genève, Audemars Piguet, Vacheron Constantin, Chrono-passion, Blanchefontaine SA oder Guess konnte sich die Agentur vor allem in Asien, wo 2020 eine Tochtergesellschaft gegründet wurde (Tokio-Japan), und im Nahen Osten, wo dieses Jahr Atenao MENA (Tunesien – Tunis) eröffnet wurde, einen Namen machen.

Die Übersetzung einer Zeitschrift – wie vermeidet man Ungenauigkeiten?

Zunächst die Grundregeln:

• Führen Sie ein Translation Memory und vor allem ein Glossar für jede Sprachkombination, wenden Sie es an und aktualisieren Sie es gemeinsam mit dem Projektleiter, dem Kunden, den Übersetzern und den Korrekturlesern. Es gibt nichts Unerträglicheres, als wenn der Fachjargon nicht exakt oder falsch übersetzt wird.
• Beschränken Sie die Transkreation auf Leitartikel und Kolumnen und zögern Sie nicht, die Transkreation mit den Autoren zu diskutieren. Führen Sie eine Rückübersetzung für transkreierte Artikel, Leitartikel und Kolumnen durch.
• Lassen Sie Übersetzungen von Schriftstellern anfertigen. Nicht alle Übersetzer haben das Talent von Brice Matthieussent5, aber einige kommen ihm nahe. Und genau diese sollten für die Übersetzung von Zeitungsartikeln ausgewählt werden.
• Übersetzen oder dolmetschen Sie niemals Namen von Marken und Produktmodellen, es sei denn, es gibt eine offizielle, von den Marken bestätigte Übersetzung. Diese scheinbar einleuchtende Regel ist bei Übersetzungen in asiatische Sprachen (unter Verwendung von Ideogrammen) weniger selbstverständlich.
• Lassen Sie Übersetzungen systematisch Korrektur lesen (idealerweise durch einen externen Übersetzer, im Falle von Übersetzungen nach ISO 17100).
• Führen Sie ein systematisches Korrekturlesen nach dem Layout durch, wenn die grafische Umsetzung nicht vom Übersetzungsbüro vorgenommen wird.

1 Das Magazin Movment wurde 2005 gegründet, trug diesen Namen bis zur Ausgabe 24 und wurde ab Ausgabe 25 zum The Watches Magazine.
2 Der in der Region Neuenburg geborene Eric Othenin-Girard war als Reporter in Südostasien, Vietnam und im Nahen Osten tätig, bevor er Chefredakteur beim Schweizer Radio der französischsprachigen Nachrichten wurde. Er ist Gründer des eidgenössischen Fachausweises für Uhrenverkauf sowie der „Watch Sales Academy“ und hat seit 1971 keine einzige Baselworld versäumt.
3Sharmila Bertin, Chefredakteurin der TWM.
4 Bertrand Daudey, Geschäftsführer des Unternehmens Atenao.
5 Brice Matthieussent ist einer der bekanntesten, wenn nicht der bekannteste französische Übersetzer. Er hat die französischen Übersetzungen der Romane von Richard Ford, Jim Harrison, Henry Miller, Paul Bowles, Jack Kerouac, Charles Bukowski, Gore Vidal, John Fante, David Payne, Thomas Pynchon, Henry David Thoreau und Robert McLiam Wilson angefertigt.

 

Sind Sie in der Uhrenbranche tätig und möchten Ihre mehrsprachigen Projekte einem Experten anvertrauen? Wir freuen uns auf Ihre Anfrage.